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Peter Güthing
Iaido - Traditionelle japanische Schwertkunst Band 3
Seiza no Bu und Dai Nippon Batto Ho

Taschenbuch März 2015
350 Seiten | ca. 21,0 x 29,7 cm
ISBN: 978-3-86468-874-4


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€ 21.90 *
Die todesmutige Entschlossenheit der japanischen Samurai-Krieger, die unvergleichliche Schärfe ihrer Schwerter und die Perfektion ihrer Fechtkunst sind berühmt und haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Musō Jikiden Eishin Ryū ist eine traditionelle Schule der japanischen Schwertkunst Iaidō, der Kunst, einen Kampf bereits mit dem blitzschnellen Ziehen des Schwertes zu entscheiden. Sie reicht in rund 450-jähriger Überlieferung zurück bis in die Zeit der Samurai. Damit gehört die Eishin Ryū zu den ältesten Kampfkünsten Japans, die heute noch geübt werden.

In diesem Buch werden die Kata der Gruppen Seiza no Bu und Battō Hō mit umfangreichen Hintergrundinformationen zum ersten Mal in deutscher Sprache dargestellt. Sie bilden den Ausbildungsinhalt der ersten Trainingsjahre im Iaidō und das Basistraining für Fortgeschrittene. Es ist der dritte Band einer mehrteiligen Einführung in das traditionelle Eishin Ryū Iaidō, die sich nicht nur an Iaidō-Übende wendet, sondern an alle, die sich für die alte Schwertkunst der Samurai interessieren.
Inhalt

Das Kata-Curriculum der Musō Jikiden Eishin Ryū
Chronologischer Überblick
Das System des Musō Jikiden Eishin Ryū Iaidō
Charakteristika der Kata-Gruppen
Methodischer Aufbau der Kata-Gruppen
Der imaginäre Gegner (Kasō Teki)
Methodisch-didaktische Hinweise zum Üben der Kata
Erläuterungen zu Text und Bildern

Seiza no Bu:
1. Mae
2. Migi
3. Hidari
4. Ushiro
5. Yaegaki
6. Ukenagashi
7. Kaishaku
8. Tsukekomi
9. Tsukikage
10. Oikaze
11. Nukiuchi

Dai Nippon Battō Hō
Battō Hō Kihon:
Juntō
1. Juntō sono Ichi
2. Juntō sono Ni
3. Tsuigekitō
4. Shatō
5. Shihōtō sono Ichi
6. Shihōtō sono Ni
7. Zantotsutō

Battō Hō Oku:
1. Zenteki Gyakutō
2. Tatekitō
3. Kōteki Gyakutō
4. Kōteki Nukiuchi
Bibliographie

In jüngerer Zeit gewinnt man Eindruck, dass viele Iaidōka keine oder zumindest keine ausreichende Vorstellung von der Bedeutung der in den Kata geübten Bewegungsabläufe haben. Ein großer Teil der kämpferischen Anwendung (Bunkai) des Iaidō scheint beim Übergang vom Jutsu zum Dō in Vergessenheit geraten zu sein. Ohne eine Erforschung des Bunkai wird jedoch jegliche Kampfkunst zu einer oberflächlichen Bewegungsform im Sinne einer Tanzvorführung. Vor dem Einstieg in das Kata-Curriculum soll daher eine kurze Betrachtung über das System des MJER Iaidō, die Charakteristika der Kata-Gruppen, den methodischen Aufbau der Kata, das Prinzip des imaginären Gegners (Kasō Teki), sowie methodisch-didaktische Aspekte angestellt werden. Diese Überlegungen sind keinesfalls als verbindlich aufzufassen, sondern lediglich als Anregung für eigene Gedanken.

Charakteristika der Kata-Gruppen
Wie oben dargestellt, reicherte sich das Kata-Repertoire der Eishin Ryū über einen längeren Zeitraum hinweg an. Folglich spiegelt es die taktischen Erfordernisse, die Trainingsschwerpunkte und den Zeitgeist verschiedener Epochen wider. Jede Kata-Gruppe der Ryū (Shoden – Chūden – Okuden/Okuiai) wurde für bestimmte Situationen geschaffen, auf die der Samurai vorbereitet werden musste. Auffällig selten wird in den Kata die gegnerische Klinge zunächst in der Defensive geblockt. Dies zeigt, wie zentral das Moment der Überraschung war bzw. die Absicht, die Initiative im Angriff zu gewinnen (Sen-no-Sen). Taktisches Ziel des Iai ist es, dem Gegner „den Schneid abzukaufen“ (Eiki kukiji) und ihn zu überrumpeln. Ein moderner Iaidōka, der sich dieses Hintergrundes nicht bewusst ist, läuft Gefahr, anstelle der überlieferten Techniken eine rein ästhetische Choreographie zu üben. Historisch gesehen entstanden die Kata in den nachfolgend dargestellten Entwicklungsschritten:

Die Okuiai Iwaza-Kata der Hayashizaki Ryū aus dem späten 16. Jahrhundert lehrten alle die Aktion des Iai-Übenden (Iaijin) aus der Sitzhaltung Tatehiza, die in der Vor-Tokugawa-Zeit üblich war. In Tatehiza konnte man noch einigermaßen bequem sitzen, selbst wenn eine (Teil-)Rüstung (Yoroi) getragen wurde, und relativ rasch auf eine Bedrohung reagieren, da das rechte Knie bereits aufrecht stand. Betrachtet man jedoch die Schnittführung der Kata, so gelangt man zu der Vermutung, dass zu dieser Zeit, spätestens aber ab dem frühen 17. Jahrhundert, kein Yoroi mehr getragen wurde, denn die Techniken sind darauf offensichtlich nicht ausgerichtet. In Tatehiza saßen die Samurai bei „Indoor“-Anlässen, wo die Gegeben¬heiten im Inneren eines typischen japanischen Raumes berücksichtigt werden mussten: enge Korridore und Türen, niedrige Decken, Stellwände, Balken und andere Hindernisse. Der Gegner tauchte in einer Entfernung von etwa 1,5 m oder mehr auf, was eine Bewegung in seine Richtung möglich und auch notwendig machte. Einige Iwaza-Kata thematisieren den Kampf gegen mehrere Gegner, wofür schnelle Richtungswechsel im Kniestand (Katahiza-Dachi) erforderlich waren.

Die Okuiai Tachiwaza-Kata der Hayashizaki Ryū lehrten als Gegenstück zu den Iwaza-Kata das Verhalten des Iaijin bei „Outdoor“-Anlässen, wo aus der Gehbewegung gekämpft werden musste. Auch hier zeigt die Schnittführung der Kata, dass der Gegner offensichtlich keine Rüstung mehr trug, sondern sich in Alltagskleidung bewegte. Die taktischen Situationen entsprechen den Gegebenheiten in einer typischen japanischen Ortschaft: enge Gassen, Hindernisse, niedrige Toreingänge, eingeschränkte Sicht und unbeteiligte Passanten. Fast alle Tachiwaza-Kata lehrten den Kampf gegen mehrere Angreifer, wofür ein rasches Erfassen der Gesamtsituation, schnelle Bewegungen von einem Gegner zum nächsten und angemessenes taktisches Verhalten erforderlich waren. Eine Ausnahme bilden die drei Itomagoi-Kata, die in Seiza beginnen und einen in der Nähe sitzenden Gegner im Inneren eines Raumes visualisieren.

Die Chūden Tatehiza-Kata der Hasegawa Ryū im 17. Jahrhundert lehrten das Verhalten bei „Indoor“-Anlässen, analog zu den historisch älteren Iwaza-Kata der Hayashizaki Ryū. Auch hier galten die Grundsätze für das Verhalten in Tatehiza. Der wesentliche Unterschied bestand darin, dass die Distanz zum Gegner mit etwa 1 m deutlich kürzer war. Dies könnte darauf hindeuten, dass man sich gegen den überraschenden Angriff eines Verräters aus der eigenen sozialen Gruppe wappnete, der näher saß als der Gegner in den Iwaza-Kata. Um in Schnittdistanz (Kirima) zu kommen, musste der Iaijin zunächst zurückweichen. Zu dieser Annahme passt auch die große Zahl an hebelartigen Nahkampftechniken mit der linken Hand auf dem Schwertrücken (Soete), die Hasegawa Eishin aus der alten Musō Jikiden Ryū übernahm. Von der Systematik weicht nur die Kata Makkō ab, die als einzige in Seiza beginnt. Mit den Tachiwaza-, Iwaza- und Tatehiza-Kata waren die Tosa Gōshi auf alle Standardsituationen vorbereitet, auf die sie bei ihrer Arbeit als Polizeimiliz treffen konnten.

Die Shoden Seiza-Kata waren geprägt von der Notwendigkeit, die Krieger ab dem späten 17. Jahrhundert für formelle Anlässe zu schulen, die der Etikette der Ogasawara Ryū folgten. Bis auf eine Ausnahme übten alle Kata das Verhalten im Kniesitz Seiza, der in der Tokugawa-Zeit bei formellen „Indoor“-Anlässen üblich war. Das bedeutet, dass hinsichtlich der Position eines potentiellen Gegners soziale Verhaltensweisen und räumliche Voraussetzungen zu beachten waren, die eine bestimmte Reaktion des Iaijin erforderlich machten. Grundsätzlich kann darüber spekuliert werden, ob der Samurai im Inneren eines Raumes überhaupt das Katana bei sich trug oder ob er es an der Tür abgab und nur mit dem Wakizashi bewaffnet eintrat. Wie weiter unten noch erläutert wird, wurden die Seiza-Kata als formelle Übungen geschaffen, die nicht die kämpferische Anwendung priorisierten, sondern das physische Basistraining bildeten und zugleich den Anforderungen der Etikette gerecht wurden. Nimmt man jedoch eine taktische Notwendigkeit für den Kampf aus Seiza an, so erscheint es plausibel, dass diese Kata das Verhalten in einer formellen, aber feindlichen Atmosphäre lehrten, in denen der Iaijin sein Katana griffbereit neben sich ablegte (siehe Bild rechts aus Turnbull 1982, S. 166) oder sogar im Obi trug, weil er mit einem Angriff rechnete. Der Gegner war vermutlich kein Angehöriger der eigenen sozialen Gruppe und saß, der Etikette entsprechend, in einer Entfernung von etwa 1,5 m. Die Distanz war also für einen Schnitt groß genug, so dass der Iaijin, analog zu den Iwaza-Kata, eine vorausahnende Bewegung zum Gegner hin machen konnte und musste. Von dieser Systematik weichen zwei Kata ab: Bei Oikaze folgt der Iaijin einem Gegner aus dem Stand, z. B. in einem Korridor oder Innenhof, und bei Nukiuchi sitzt der Gegner näher als 1,5 m, weshalb das Schwert nicht gerade nach vorne gezogen werden kann.

Die Bangai-Kata wurden vom 17. Sōke Ōe Masamichi zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Neuzusammenstellung aus alten Kata geschaffen. Sie waren vergleichsweise lang und lehrten den Kampf gegen eine große Anzahl von Gegnern, die den Iaijin umringten. Dieser muss das Schwert in einem ununterbrochenen Bewegungsfluss schwingen und sich schnell von einem zum nächsten Gegner wenden. Zu Ōe Sōkes Zeit gehörte die Samuraiklasse jedoch bereits zur kriegerischen Vergangenheit, und die Iaijin waren Bürgerliche. Es ist zu vermuten, dass die Bangai-Kata an die letzten Schlachten der Samurai beim Untergang des Shōgunats erinnern sollten. Sie wären dann im Zusammenhang mit der beginnenden Militarisierung der japanischen Gesellschaft in jener Epoche und der Verklärung des Bushidō zu sehen.

Die Battō Hō-Kata entstanden 1939 unter dem späteren 20. Sōke Kōno Hyakuren als letzter Teil des Curriculums. Die Zielgruppe waren nicht die Samurai, die es schon seit über 60 Jahren nicht mehr gab, sondern deren „Nachfahren“, die Schwertträger der kaiserlichen japanischen Armee im beginnenden Zweiten Weltkrieg. Offiziere und höhere Unteroffiziere wurden zur Steigerung des Kampfgeistes im Sinne des Bushidō mit einem Militär-Katana (Shinguntō) ausgerüstet. Diese Soldaten waren zwar im Kendō ausgebildet, doch viele von ihnen konnten nicht mit einem echten Katana umgehen und verletzten sich dabei selbst. Daher wurden die Techniken, obwohl sie der alten Tradition entnommen waren, für das moderne Gefechtsfeld vereinfacht, und die Etikette spielte nur eine untergeordnete Rolle. Alle Kata lehrten den offensiven „Outdoor“-Kampf im Stehen ohne jegliche Defensivtechniken. In der tatsächlichen Anwendung der Kata spielte es dann keine Rolle, ob der Gegner ein Schwert trug (was eher unwahrscheinlich war) oder nicht.
Weitere Ausführungen zur Entwicklung und Charakteristik der Kata-Gruppen finden sich in den jeweiligen Kapiteln dieses und der nachfolgenden Bände.

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